Monat: Oktober 2018

Call of Cthulhu

Bereits seit den ersten bewegten Bildern auf der Gamescom 2016 verfolge ich die Entwicklung von Call of Cthulhu mit großem Interesse. Als großer Fan des Pen & Papers wünscht man sich natürlich eine Umsetzung, die den Spieler voll und ganz in seinen Bann zieht und auf viele bekannte Elemente zurückgreift, ohne sie plump zu kopieren. Ob Cyanide Studios meine großen Erwartungen erfüllen konnte, lest ihr in den nächsten Absätzen.

Traum(a)

Der Held unserer Geschichte, Weltkriegs-Veteran Edward Pierce, hinterlässt erst einmal keinen guten Eindruck. Zwar ohne grüne Regenrinne in der Hand, aber mit einem ordentlichen Kater erwachen wir aus einem Albtraum auf der Couch unseres Detektiv-Büros. Kurz sortieren wir unsere Gedanken und beschließen, das Alkohol die falsche Lösung ist, nur um dann vor die Entscheidung gestellt zu werden, ob wir nicht doch noch einmal kurz am Whiskeyglas auf dem Schreibtisch nippen wollen. Dies ist die Erste von vielen Optionen, die euch bei Call of Cthulhu angeboten werden. Jede einzelne davon beeinflusst, wie NPC´s auf euch reagieren und damit auch den Ausgang des Spiels.

(K)ein Job wie jeder andere

Boston 1924. Auftritt Stephen Webster. Bei einem Feuer starb seine Tochter, die berühmte Künstlerin Sarah Hawkins. Auch ihr Mann Charles Hawkins und der gemeinsame Sohn Simon kamen in den Flammen um. Die Polizei auf Darkwater Island hat am Ende der Ermittlungen geschlussfolgert, dass es sich um einen tragischen Unfall gehandelt hat. Doch Webster hinterfragt das Ganze, denn kurz nachdem er vom Tod Sarahs erfahren hat, kam eines ihrer Gemälde bei ihm an. Webster erzählt uns, dass seine Tochter an Visionen litt und diese auf Gemälden festgehalten hat. Schon nach einem Blick auf das zugesandte Bild wird uns bewusst, dass die Visionen verstörend sein mussten. Wir nehmen den Auftrag an und machen uns auf den Weg zu Darkwater Island. In der ehemaligen Fischerei-Hochburg trefft ihr auf eigenbrötlerische Charaktere, von denen der Großteil nicht zu gesund aussieht und sich dem tristen grau der Insel angepasst hat. Wir wünschen euch viel Vergnügen dabei, diese Insel zu erkunden.

Wohin mit der Erfahrung?

Zu Beginn dürfen wir acht Charakter-Punkte verteilen. Insgesamt verfügt unser Protagonist über sieben Fähigkeiten, die ausgebaut werden wollen. Direkten Einfluss können wir allerdings nur auf fünf davon nehmen. „Stärke“ beeinflusst zum einen die Möglichkeit Gesprächspartner einzuschüchtern, zum anderen wird der Wert für Kraftproben als Maßstab genommen. „Eloquenz“ kann euch dabei helfen, Zusatzinformation zu erhalten, indem ihr NPC´s verbal schachmatt setzt. Passend dazu gibt es auch „Psychologie“, mit der ihr das Verhalten eures Gegenübers analysieren könnt. Zu guter Letzt werdet ihr an den verschiedenen Locations die Talente „Investigation“ und „Verstecktes Finden“ einsetzen müssen. Während euch das erste dabei hilft, Tatorte zu analysieren und Schlösser zu knacken, kann man mit dem zweiten Verstecktes finden, um damit neue Optionen in der Befragung zu erhalten. Die beiden letzten Fähigkeiten „Medizin“ und „Okkultes“ könnt ihr nicht gezielt leveln, aber wenn ihr die Augen aufhaltet, werdet ihr über Bücher, Zeichnungen und Artefakte stolpern. Eure Werte steigen mit jedem Fund weiter an. Wenn ihr eine der sieben Fähigkeiten einsetzen wollt, erfolgt tatsächlich eine Probe darauf, die durchaus scheitern kann, wenn der jeweilige Wert zu niedrig ist. Zum Ende hin werden sogar manche Dialogoptionen nur dann verfügbar, wenn ihr den Wert auf sein Maximum angehoben habt. Fehlen euch noch Punkte in „Investigation“, dann scheitert ihr mit dem Dietrich am Schloss und ihr müsst eine Alternative finden. Durch diese verschiedenen Ansätze lohnt sich das Spiel auch für einen zweiten Durchlauf, weil ihr anders vorgehen könnt.

Spürnase

Die Handlung wird in insgesamt vierzehn Kapiteln erzählt und findet stets in abgeschlossenen Arealen statt. Diese sind teilweise weitläufig, wie der Darkwater Hafen in Kapitel zwei, manchmal aber auch auf ein einzelnes Gebäude reduziert. Das Einholen von Informationen im Rahmen von Befragungen findet über das allseits bekannte „Mass-Effect-Dialograd“ statt. Je mehr ihr mit eurer Umgebung und ihren Einwohnern agiert, desto mehr Optionen stehen auch bei den Gesprächen zur Verfügung. Neugierig sein lohnt sich, um zusätzliche Charakterpunkte freizuschalten. Im Gegensatz zu anderen Spielen sind hier Worte tatsächlich die Waffe eurer Wahl. Ihr verfügt weder über den klassischen Revolver, noch könnt ihr auf eure Fäuste zurückgreifen. Der Fokus des Spiels verhaftet somit auf den Ermittlungen und dem Entdecken. Einige Rätsel wollen von euch gelöst werden und wie der Name es schon vermuten lässt, driftet Call of Cthulhu zu verschiedenen Gelegenheiten ins Übernatürliche, um euch oftmals mit offenem Mund zurückzulassen.

Pflicht und Kür

Auf der technischen Ebene hinkt der Titel im Vergleich mit aktuellen AAA-Titeln etwas hinterher, was sich in leicht hölzernen Animationen, mangelnder Lippensynchronität und einer etwas gewöhnungsbedürftigen Steuerung äußert. Auch das Level- und Questdesign legt einem den ein oder anderen Stolperstein in den Weg und es ist nicht immer ersichtlich, was das Spiel von einem möchte. Hier ein Beispiel: Wir müssen jemanden ablenken und entdecken einen für das weitere Vorankommen wichtigen Gegenstand, den wir aber erst 15 Minuten später ins Inventar legen können, nachdem wir mit einem bestimmten Charakter interagiert haben. Nervige Stealth-Passagen, bei denen schon der kleinste Fehler zum sofortigen Scheitern führt, trüben zusammen mit anderen Trial-and-Error-Elementen den Spielspaß etwas. Doch konzentrieren wir uns jetzt auf die Stärken des Spiels: Der Soundtrack sorgt stets für eine bedrohliche Atmosphäre. Hier weiß das Spiel über die kompletten zehn bis zwölf Stunden Spielzeit zu unterhalten. Gleiches gilt für die sehr unterhaltsame Geschichte die einen Mix aus Krimi und Thriller darstellt. Die deutsche Sprachausgabe ist gut gelungen, die englischen Sprecher tragen aber etwas mehr zur Stimmung bei. Der Grafikstil ist bewusst düster gehalten und sorgt für eine melancholische Grundstimmung. Bis zum Finale erwarten euch jede Menge Irrungen und Wirrungen. Mit jeder Entscheidung und jedem Kapitel zweifelt ihr mehr daran, ob euch euer Verstand einen Streich spielt oder einfach mehr existiert als euch jemals bewusst war.

Fazit: Viel Licht und etwas Schatten

Abschließend kann ich sagen, dass meine Erwartungen vollkommen erfüllt wurden und mir Call of Chtulhu eine gute Zeit bereitet hat. Technisch spielt der Titel zwar nicht in der obersten Liga, aber der starke Soundtrack und die Geschichte um Edward Pierce und die Familie Hawkins entschädigen dafür auf jeden Fall. Einige Spielmechaniken behindern den Spielfluss, weil ich das Gefühl hatte, nur durch stumpfes Probieren voranzukommen. Auf der anderen Seite trifft man NPC´s, die alle eigene Ziele verfolgen und sehr gut auf die Insel passen. Fans der Bücher oder des Pen & Paper finden hier eine liebevolle Hommage rund um H.P. Lovecraft und sollten sich selbst aufmachen, den Fall zu lösen.

Valkyria Chronicles 4

Kampf dem Imperium!

Im vierten Teil der Serie erleben wir einen neuen Blickwinkel auf die Ereignisse des ersten Teils. Für die Föderation sieht es so aus, als ob der Krieg verloren ist und man dem Imperium nicht mehr lange die Stirn bieten kann. Frei nach dem Motto „Verzweifelte Situationen erfordern verzweifelte Maßnahmen“ schmiedet man an einen finalen Plan. Die „Einheit E“ um Claude Wallace befindet sich auf einer geheimen Mission, um die Hauptstadt der Aggressoren zu infiltrieren und die Anführer auszuschalten. In den nächsten dreißig bis fünfzig Stunden liegt es an euch, das Schicksal der Helden zu lenken und den Ausgang des Krieges zu beeinflussen.

 

“Einheit E” in geheimer Mission.

Aus alt mach neu

Die Reihe steht seit der ersten Veröffentlichung für hochwertige JRPG-Unterhaltung. In rundenbasierten Kämpfen treibt ihr die Story voran, könnt euch aber frei über das Kampf-Areal bewegen, Deckung suchen und beim Zielen nachhelfen, um den in der Situation vielleicht so dringenden Headshot zu landen, um eure Einheit vor dem Gegenangriff zu bewahren. Auch das taktische Umlaufen gegnerischer Panzer, um im Anschluss einen direkten Treffer auf das Antriebssystem abzugeben ist befriedigend. Eure Helden sind in sechs verschiedene Klassen eingeteilt. Die bereits bekannten Einheiten Infanterie und Sniper erhalten mit dem Grenadier einen Neuzugang, welcher über große Reichweite sehr viel Schaden anrichten kann. Doch Obacht, wenn ihr eure Einheiten zu nah beieinanderstehen lasst, kann der gegnerische Grenadier euch das Leben schwermachen und für große Verluste Sorgen. Innerhalb der Mission könnt ihr immer wieder kleine Wegpunkte einnehmen, die euch Vorteile verschaffen, wie beispielsweise das Herbeirufen neuer Truppen.

Wie gemalt

Wenn ihr nicht gerade in der Schlacht seid, wird die Geschichte in Anime-Sequenzen fortgeführt. Besonders hervorzuheben sind die Auftritte eurer Nebenhelden auch in den Cut-Scenes. Es ist sehr erfrischend zu sehen, dass man sich nicht nur auf den Haupt-Charakter fokussiert, sondern dass einemdurch persönliche Nebenquests wirklich jede Figur im Laufe der Zeit ans Herz wächst. Der Grafikstil erinnert einen an die Zeit, als man selbst mit dem Wassermalkasten unterwegs war. Nur das die Ergebnisse hier wirklich top aussehen und nicht aus Mitleid am Kühlschrank landen. Es ist schon fast schade, dass man gegen Ende des Spiels weniger von den satten Farben sieht, da der Winter über uns eingebrochen ist und die Szenerie übernimmt. Die Animationen sind sehr detailliert und vor allem die comichafte Unterstützung der Geräusche in Textform, wenn ein Panzer an einem vorbeirollt oder ein Automatikgewehr abgefeuert wird, gefällt sehr.

Fazit: Für die Föderation!

Mit Valkyria Chronicles 4 gelingt es SEGA, sich wieder auf die Stärken der Serie zu konzentrieren und bietet auch für interessierte Neueinsteiger die Gelegenheit, sich ins Getümmel zu stürzen. Die Story wird liebevoll inszeniert und in wunderschönen Sequenzen vorangetrieben. Der Fokus liegt nicht auf einzelnen Figuren, sondern die komplette „Einheit E“ ist im Fokus und begleitet einen auf der langen Reise. Die rundenbasierten Kämpfe werden taktisch geführt und der Schwierigkeitsgrad steigt in angenehmem Maß an. Allein für die Hauptstory ist man bis zu fünfzig Stunden beschäftigt, durch Nebenquests lassen sich knappe zwanzig Stunden ergänzen. Wenn ihr, wie ich, Fan von rundenbasierten Kämpfen oder JRPGs seid, möchte ich euch das Spiel unbedingt ans Herz legen.

Forza Horizon 4

Podcast-Freunde – schnallt euch an. In der aktuellen Episode Darf ich vorstellen geht es für Kris und Thomas nach Großbritannien. Zusammen mit Kuro haben sich die beiden in die schönsten und schnellsten Boliden unserer Zeit geworfen und über Playground Games neueste Liebeserklärung an den Motorsport, Forza Horizon 4, geschnackt.

Ob der neueste Ableger der Forza-Serie mit dem Erfolg der Vorgänger mithalten kann, hört ihr hier.

Viel Spaß mit der neuen Folge Darf ich vorstellen.

Assassin’s Creed: Odyssey

Nachdem wir im letzten Jahr dem Rätsel auf die Spur gegangen sind, wie die Sphinx eigentlich ihre Nase verloren hat und ob die Pyramiden tatsächlich von Aliens erbaut wurden, schickt uns Ubisoft Quebec mit Assassin’s Creed: Odyssey dieses Mal in das antike Griechenland zur Zeit der Peloponnesischen Kriege (431-404 v. Chr.). Mit einer noch größeren Welt, erweiterten Rollenspielmechaniken und einem verfeinerten Kampfsystem will uns der Meuchelmörder-Simulator erneut für viele Stunden begeistern. Origins konnte durch die verlängerte Entwicklungszeit zu einem der besten Teile der Reihe heranreifen, wohingegen der aktuelle Teil mit nur einem Jahr Abstand zum Vorgänger erscheint. Knüpfen die Entwickler an den Erfolg des Wüstenspektakels an oder machen sich erneut Abnutzungserscheinungen bemerkbar?

Loyalität ist nur eine Frage des Geldbeutels

Zu Beginn des Spiels dürfen wir uns erstmals das Geschlecht unseres Charakters aussuchen, um uns direkt im Anschluss als Kassandra oder Alexios inmitten eines blutigen Konflikts zwischen Sparta und Athen wiederzufinden. Aufgrund eines unglücklichen Vorfalls wurden wir bereits als Kind von unserer Familie verstoßen und sichern unsere Existenz seit jeher durch ein Dasein als Söldner/-in. Nach einer umfassenden Einführung schickt uns die Geschichte quer durch Griechenland, um unsere Familie wiederzufinden, die scheinbar eine entscheidende Rolle für den Ausgang des Krieges übernimmt. Unserem Berufsstand gemäß können wir uns jedoch in unmittelbaren Auseinandersetzungen – wie den neu eingeführten „epischen Schlachten“ – ohne schwerwiegende Konsequenzen mal für die kriegerisch veranlagten Spartiaten entscheiden und mal für die togatragenden Athener, deren schwächelnden Schwertarm sie durch ihren Listenreichtum ausgleichen. Einmal Söldner, immer Söldner. Nebenbei gilt es im Alleingang die Machenschaften eines mysteriösen Kults mit einer Vorliebe für übernatürliche Artefakte zu unterbinden, denn auch sie streben eine Vorherrschaft Griechenlands an.

Die Odyssee kann beginnen

Ein erster Blick auf die Weltkarte lässt uns in Gedanken unseren Job kündigen, das Studium abbrechen und Effizienzstrategien zu möglichst wenig sonstigen zeitraubenden Aktivitäten, wie dem Toilettengang, ausarbeiten. Das virtuelle Griechenland ist nicht nur groß, sondern auch übersät mit Quests, die einem die Jagd nach der Platin-Trophäe wie die Suche nach dem heiligen Gral vorkommen lassen. Natürlich lässt es sich dabei nicht komplett vermeiden, dass einige Landschaften etwas generisch wirken, aber insgesamt schaffen die Entwickler erneut eine sehr lebendige und authentische Welt. Ausläufer zerklüfteter Berglandschaften ergießen sich in farbenfrohen Blumenmeeren, weiße Marmorbauten überragen das wuselige Stadtgeschehen und auch zu Wasser hat man zu keiner Zeit das Gefühl, von der Welt allein gelassen zu werden. Dass die Spielreihe einem solchen Gigantismus gerecht werden kann, war schon im Vorgänger deutlich zu erkennen, doch Odyssey bringt auch frische Ideen mit an Bord.

Nicht zu sehen: Die circa 700 Quests, die in diesem Bildausschnitt vor uns liegen.


Berufsprofil: Lustmolch, tretwütiger Spartiat und Krawall-Kapitän

Ein Dialogsystem lässt uns den Verlauf der Geschichte zu einem gewissen Grad selbst mitbestimmen. Sich einer lüsternen, ins Alter gekommenen Dame als Adonis der Liebe zu verkaufen, während ihr kahlgewordener, bauchlastiger Ehemann danebensteht, gehört noch zu den kleineren Schelmereien. Ein ganzes Dorf, das einem tödlichen Virus anheimfällt, nur weil unsere zartbesaitete Seele Mitleid mit der infizierten Familie hatte, zeigt hingegen sehr schnell, dass nicht nur so getan wird, als hätte man eine tatsächliche Entscheidungsgewalt.
Wo wir gerade von Gewalt sprechen: Auch das Kampfsystem wurde um einige Facetten erweitert und deutlich mehr auf Rollenspiel getrimmt. An die Stelle eines einzigen „Fatality“-Angriffs rücken nun zahlreiche Fähigkeiten, die nach und nach erlernt werden können. Wer sich einmal wie Leonidas in Frank Miller’s „300“ fühlen möchte, besorgt sich schleunigst den „Spartaner-Tritt“, um Feinde über steile Abhänge direkt in den Hades zu befördern.
Wer dies übrigens zu oft macht, muss damit rechnen, dass die Söldner-Lobby ganz Griechenlands früher oder später auf das eigens angerichtete Blutbad aufmerksam wird. Durch eine Entledigung dieser Verfolger steigt ihr selbst im Rang der Söldner-Gilde auf, was zwar durch fettere Beute, aber eben auch zähere Kontrahenten belohnt wird. Entscheidet ihr euch, einen solchen Kopfgeldjäger nicht zu töten, habt ihr die Option, ihn für eure Schiffsbesatzung anzuheuern, welcher diese dann mit zusätzlichen Boni mitunter merklich verstärkt.
Im Gegensatz zum Vorgänger spielt die Fortbewegung zu Wasser wieder eine größere Rolle, indem ihr euer eigenes Schiff mitsamt Crew stets modifizieren könnt und auch müsst, um nicht dem Zorn des Poseidons zu erliegen. Wenn man dann aber bei voller Fahrt die Ägäis durchquert, dabei von Delfinen oder sogar Walen begleitet wird und die Besatzung stimmige Seemannslieder trällert, schmeckt man geradezu das Salzwasser, spürt die Gischt und kann sich nicht des Bedürfnisses erwehren, über ein Leben als Freibeuter nachzudenken. Denn auch die Schiffskämpfe sind launig und vor allem nötig, um die Ressourcen für neue Segel, einen verstärkten Rumpf oder ein wendigeres Ruder zu erhalten. Dabei beschießt man den Feind zunächst aus der Ferne mit Pfeilen und Speeren, um dann in den Entermodus überzugehen, bei welchem unsere Mannschaft mit sonoren „Hua!“-Rufen säbelrasselnd darauf wartet, die gegnerische Besatzung aus nächster Nähe auf den Meeresgrund zu schicken. Ein „schönes“ Detail ist hier, dass unser Blutvergießen hin und wieder Haie anzieht, die sich den von Bord gefallenen Soldaten annehmen. An dieser Stelle wird besonders deutlich, dass das Spiel versteht, eine dichte Atmosphäre zu erzeugen, die gerade in solchen Momenten zur Höchstform aufläuft, uns aber auch abseits davon niemals loslässt.

Wer es besonders „real“ mag, kann in den „Erforschungsmodus“ wechseln, welcher sämtliche Questhilfen ausblendet, sodass man bei den NPCs genau darauf achten muss, welchen Weg sie einem beschreiben.  Auf diese Weise soll die Verbindung des Spielers zur Welt zusätzlich vertieft werden. Will man wieder schneller vorankommen, kann jederzeit in den altbekannten Modus umgeschaltet werden.

Wie sich das für einen echten Kapitän gehört, sind wir beim Entern ganz vorn dabei.


„Ja, das tut mir sehr leid mit deiner Familie, aber ich gehe jetzt diese Unterwasserruine plündern. Ciao!“

Etwas schade ist hingegen, dass der eigene Einfluss auf das eingangs erwähnte Kriegsgeschehen marginal ist. Zwar klingt die Mechanik, die Fraktion eines bestimmten Territoriums zunächst zu schwächen – um ihr dann auf dem Feld des Krieges auf Seiten der Spartiaten oder der Athener die Stirn zu bieten – interessant, jedoch ändert dies kaum etwas am eigentlichen Spielverlauf. Die nicht sonderlich epischen Schlachten selbst gestalten sich als ein leidenschaftsloses Abarbeiten eines Gegners nach dem anderen. Versteht man das Ganze als Rahmung für die ohnehin zu erledigenden Aufgaben, fällt dies aber nicht schwer ins Gewicht. Dass die Story bei der monströsen Größe des Spiels teilweise in den Hintergrund rückt, scheint auch nicht weiter dramatisch, zumal man trotzdem emotionale Wendepunkte und eine insgesamt durchaus spannende Geschichte erlebt. Dennoch: Die Stärken des Spiels liegen ganz klar auf dem Erkunden der lebendigen Welt, in der die Hauptquestreihe zwischendurch auch mal zur Nebensächlichkeit wird.

Auf dem Bild zu sehen: Ein Raubtier und seine Beute.


Fazit: Vom griechischen Wein gekostet

Während ich diesen Test hier schreibe, hätten genauso gut ein paar Athener-Waschlappen durch meine Hand entthront, Medusen enthauptet und Stein-Penisse begutachtet werden können; insofern möchte ich hier jetzt langsam zum Ende kommen! Das Entscheidende sollte aber noch gesagt werden: Wer die Open-World nicht scheut und sich durch ein kaum zu bewältigendes Aufgabenpensum nicht einschüchtern lässt, kommt um Assassin’s Creed: Odyssey schwer herum. Obwohl ich den Vorgänger erst kurz zuvor durchspielte, ging die Formel trotz meiner Befürchtungen perfekt auf. Die Welt ist wunderschön und gibt einem durch die breit vertretene griechische Prominenz noch einmal zusätzlich das Gefühl, das antike Griechenland tatsächlich zu erleben. Wie wäre es mit einem kleinen philosophischen Duett mit Sokrates? Oder doch vielleicht lieber Hippokrates, den Vater der modernen Medizin, auf seinen Haarausfall ansprechen, um ihn damit in absurde Verlegenheit zu bringen? Das ist Geschichtsunterricht nach meinem Geschmack! Assassin’s Creed entwickelt sich in eine Richtung, die es uns ermöglicht, spannende Epochen so nah zu erleben, wie es gegenwärtig kaum anders möglich ist: Spaßig, wunderschön und – ich sage es noch einmal – mit Steinpenissen zum daran herumklettern. Mit Origins wurde ein Fundament gegossen, auf das Odyssey nun aufbaut und dabei neue Impulse mitbringt. Und nun entschuldigt mich, der Animus, äh, die Playstation ruft!

Schöne Landschaften, schöne Architektur, schöne Welt

 

 

Little Dragons Café

Am 20. September 2018 war es so weit: “Little Dragons Café” hatte seinen Switch Release.
Rising Star Games und der Schöpfer von Harvest Moon, Yasuhiro Wada, setzen uns neue Spielekost in Form eines knuffigen Life-Simulation-Adventures vor. Welcher erste Eindruck entstanden ist, erfahrt ihr hier.

 

Packen wirs an!

Nach einem kurzen Tutorial beginnt das Abenteuer unvermittelt mit einem dramatischen Auftakt. Eines Morgens müssen die Protagonisten des Spiels, ein Geschwisterpaar, feststellen, dass ihre geliebte Mutter in einen tiefen Schlaf gefallen ist. Von einem aus dem Nichts auftauchenden Zauberer erfahren sie, dass es sich um eine schwerwiegende Krankheit handelt. Da sie halb Mensch, halb Drache ist, besteht die einzige Chance auf Genesung in der Weiteführung des namensgebenden Cafés sowie der Aufzucht eines kleinen Drachens. Auf dieser Reise sind die beiden allerdings nicht auf sich allein gestellt. Ein paar liebe Wegbegleiter werden sie auf ihrem Abenteuer unterstützen und dieses gemeinsam mit ihnen begehen.

 

Hinaus in die Welt 

Die Reise hat ihren Anfang auf einer kleinen Insel, unserem Zuhause. Die Umgebung ist optisch ansprechend gestaltet und erinnert an ein liebevoll gezeichnetes Kinderbuch. Mit ihrer Flora und Fauna läd uns unsere Umwelt unaufdringlich zum Erkunden ein. Natürlich befindet sich auf dem Eiland auch das Café, welches so gemütlich ist, dass man hier gern mal selbst ein paar Tage verbringen würde. Die Musik im Spiel ist entspannend und sorgt für Wohlfühlstimmung. Alles in allem wirkt es, wie ein Eintauchen in eine besonders gemütliche Welt, in der alles noch in Ordnung ist.

 

Man wächst an seinen Aufgaben

Little Dragons Café ist eine Lebenssimulation, in welcher es hauptsächlich darum geht, Zutaten zu sammeln und diese zu schmackhaften Gerichten zuzubereiten. Dabei begleiten wir zwei Geschwister auf ihrem Abenteuer, ein eigenes Restaurant zu führen. Ach ja, ganz nebenbei ist es unsere oberste Aufgabe uns um einen zuckersüßen Drachen zu kümmern, ihn zu füttern und lieb zu haben. Letzteres fällt nicht besonders schwer, denn der kleine Kerl schleicht sich schnell in alle Herzen.

 

Der Drachenwelpe wächst bei richtiger Aufzucht flott und gewinnt mit zunehmender Größe an immer mehr Fähigkeiten. Diese sind im späteren Spielverlauf bei alltäglichen Sammelausflügen sehr hilfreich.
Das Sammeln von Zutaten gestaltet sich auf unterschiedlichste Weise. Vom einfachen Pflücken über Angeln, dem Aufsammeln tierischer Erzeugnisse bis hin zur Unterstützung durch den kleinen Drachen ist alles dabei. Ein Feld und auch die meisten Sammelspots können gedüngt werden, um bessere Zutaten zu erhalten. Auch hierbei hilft der kleine Feuerspucker, indem seine Defäkation als Nährstofflieferant für Bäume, Büsche und Felder genutzt werden kann.

 

Sind genug Zutaten gesammelt oder ist das Café von hungriger Kundschaft belagert, sollte man so schnell wie möglich zurück. Zum Glück gibt es eine “Zurück zum Café”-Schnellreisefunktion, welche den Rückweg enorm erleichtert.
Im Lokal selbst müssen Bestellungen aufgenommen und Gäste bewirtet werden. Ab und zu fallen hier auch Zutaten oder Rezepte für die beiden Geschwister ab, wenn die Futternden in ein nettes Gespräch verwickelt werden. Auch die dabei geäußerten Bedürfnisse der Gäste sollten ernst genommen und vermerkt werden, da der Zufriedenheitsgrad die Reputation steigert und dies wiederum außergewöhnlichere Gäste in das Lokal lockt. Am Ende des Tages ist dieses “Finetuning” einer der wesentlichen Aspekte, um den Spielfortschritt voranzutreiben.

 

Weiterhin ist man im Café zuständig für das Kochen neuer Gerichte. Dazu geht es an den Herd, wo es nun gilt, sich in einem kleinen Rhythmus-Spiel zu beweisen. Je besser der Minispielausgang, desto “hmmmm” das Gericht. Um ein neues Gericht kochen zu können, werden allerdings die passenden Zutaten und mehrere Rezeptteile benötigt. Diese können überall auf der Insel, im entsprechenden Aktionsradius, der sich mit größerem Spielfortschritt auch erweitert, gefunden werden.

 

Uff, das klingt ja nach viel Arbeit aber…

…an all diese Aufgaben wird man am Anfang des Spiels sehr gut herangeführt. Das Tutorial gestaltet sich durch eine sehr liebevolle Geschichte, die zu Beginn des Spiels fließend in den Hauptteil übergeht. Alles wirkt flüssig und intuitiv, ohne den Zwang, sich durch viel Text oder komplexe Vorgänge in das Spiel “hineinverstehen” zu müssen.

 

Mein Fazit:

Ich verliere mich sehr gerne in der dieser Welt mit dem gemütlichen Café und den liebevoll gestalteten Charakteren. Hier sind alle unterschiedlich, haben verschiedenste Bedürfnisse und Eigenheiten, keiner ist perfekt. Trotz einer Uhr, welche beständig läuft, empfinde ich keinerlei Zeitdruck und kann alles in meinem persönlichen Tempo erledigen. Vielleicht ist es deshalb auch so entspannend, weil es hier mal keine Strafe für zu langes Aufbleiben gibt, kein Geldsystem und keine komplizierten Aufgaben. Kilometertiefes Graben oder ewiges Erkunden von Höhlen, um den Spielfortschritt voranzutreiben, finden wir anderswo. Einzig und allein das Pflücken besserer Zutaten und das Zusammenstellen einer auf die Gäste abgestimmten Speisekarte ist hier wichtig. Dazu kommt der fast schon meditative Soundtrack, welcher mich sofort in eine Oase der Ruhe versetzt.
Lediglich das Movement durch die Welt, z.B. das Hüpfen auf einen Stein gestaltet sich etwas unpräzise und hakelig. Hier sollte aber jeder für sich selbst entscheiden, ob das ein Störfaktor für ihn ist. Wir haben letztendlich auch keinen ausgereiften Platformer vor uns, in dem es wichtig ist, schnell Hindernisse zu überwinden. Trotzdem wäre es schön gewesen, hätten die Entwickler sich in diesem Punkt noch etwas mehr in Perfektionismus geübt um ein runderes Spielerlebnis zu präsentieren. Beim Sammeln der Zutaten bin ich auch noch gespannt, was sich die Entwickler haben einfallen lassen, damit dies auf die Dauer nicht zu eintönig wird.
“Little Dragons Café” schafft es für mich in den passenden Momenten, den Fortschritt durch Story-Elemente voranzutreiben, sodass mir bis zum jetzigen Zeitpunkt (ca. 8 Spielstunden) nicht langweilig geworden ist. Abschließend kann ich dazu sagen, ich würde gerne mehr Zeit in meinem kleinen Café verbringen, als mir oftmals zur Verfügung steht. Ein schöner Ausgleich für den stressigen Alltag ist dieses Spiel in jedem Fall.