Monat: März 2020

Doom Eternal

Vier Uhr morgens. Ich befand mich in meinem Arbeitszimmer. Die einzige Lichtquelle bot der Bildschirm. Groteske Szenen spielten sich darauf ab, während ich am offenen Fenster stand und genussvoll den Zigarettenrauch in die kühle, wolkenverhangene Nacht blies. Eigentlich hatte ich mit dem Rauchen aufgehört. Eigentlich. – Meine Frau und die beiden Söhne schliefen längst. „Ich muss leider noch den Test fertigschreiben“, sagte ich zu ihnen. Olivia gab mir daraufhin einen sanften Kuss auf die Stirn. „Mach nicht zu lang“, hauchte sie. Ich schwieg und lächelte verliebt, während sie die Tür hinter sich schloss, um zu Bette zu gehen. Ich wartete einen Augenblick. Noch einen. Nur um sicherzugehen. Dann erstarrte meine Mimik. Ich hatte soeben meine Frau belogen. Doch für Selbstmitleid war keine Zeit. Sie würde es ohnehin nicht verstehen. Mit verschwörerischer Miene setzte ich mir die Kopfhörer auf, knackte ein paar Mal mit den Fingern und…öffnete mit einem Doppelklick die Tore zur Hölle. Mein Blick wurde leer. Einzig die Feuer des flammenden Infernos vor mir spiegelten sich darin. Ohne genau zu wissen, wie mir geschah, merkte ich, wie mein Mund die folgenden Laute formte: „Heil Bethesda! Heil id! Heil dir, Doom! Auf ewig.”  

Zweifellos ist es eine glückliche Fügung, dass der Höllentrip im neuen Doom Eternal nach etwa zwölf Stunden beendet ist. Ansonsten wären hierzulande nicht nur sämtliche Packungen an Toilettenpapier vergriffen, sondern auch jedwede Arznei zur Blutdrucksenkung. Und Schicksale, wie oben beschrieben, würden eine signifikante Zunahme erfahren. Zwölf Stunden Spiel – und das in einer Zeit, in der sich die führenden Spieleentwickler mit der Größe von Welten und der Anzahl an Quests gegenseitig überbieten wollen – kann das gutgehen? Zur Hölle ja! Denn was hier auf den Bildschirm gezaubert wird, ist die konsequente Weiterentwicklung des 2016 erschienenen Vorgängers, welcher schon seinerzeit als erfolgreicher Neustart der Serie galt. Doch dieses Mal wurden die Schieberegler nicht nur auf Anschlag gestellt, sondern das gesamte Mischpult mit der BFG 10.000 einmal durch den Erdkern und zur anderen Seite wieder rausgeschossen.

Kleiner Augenöffner: Selten sah die Apokalypse so schick aus

Die Apokalypse ist schöner denn je, die Schauplätze sind von der tiefsten Hölle bis in die eisige Arktis abwechslungsreich und imposant ausgestaltet. Nicht selten unterbrachen wir als Doom-Slayer unseren Rachefeldzug und bewunderten das dämonische Panorama brennender Städte, endloser Lavaströme und hochhausgroßer Teufelswesen, die in der Ferne ihr grausiges Werk verrichteten. Abgesehen davon gibt es rein gar nichts, was dem „Flow“ in der gesamten Spielzeit schaden könnte. Durch die neuen Bewegungsmuster hangelt, klettert und „dasht“ ihr durch die Level, meistert gut positionierte Sprungpassagen oder nutzt diese neue Freiheit, um auch aus der Luft der Höllenbrut das Leben schwer zu machen. Damit das aber auch wirklich gelingt, verlangt euch Doom Eternal alle kognitiven Skills ab. Wir haben auf dem zweiten von vier Schwierigkeitsgraden begonnen und schnell gemerkt, dass schon eine kurze Atempause genügt, um schonungslos das Zeitliche zu segnen. Wer jetzt aber denkt, dass stumpfes Rumgeballere und ein paar jugendliche Reflexe ausreichen, um hier zu bestehen, der könnte falscher nicht liegen. Verschiedene Waffen mit unterschiedlichen Feuermodi, Glory Kills, Kettensäge, Flammenspeier und Granaten – all das bedeutet nicht nur massig Feuerpower, sondern auch den taktischen Einsatz all dieser Gerätschaften in Kombination. Was am Anfang nach einer Menge Optionen klingen mag, wird schnell zur Existenznotwendigkeit. Jedes Element hat seine Daseinsberechtigung und erwartet den zielgerichteten Einsatz. Und das alles, während ihr von sechsbeinigen Gehirnen mit Bordgeschütz, kleinbusgroßen Dämonen und gefühlt auch allen anderen Schrecken der Unterwelt verfolgt werdet. Glory Kills geben euch Lebensenergie zurück, mit der Kettensäge bearbeitet ihr euer Gegenüber wie eine Fleischpiñata, um an die Munition zu gelangen, die sich sämtliche Gegner in großer Menge einverleibt haben. In Brand gesetzte Monster lassen lebensnotwendige Rüstung fallen und mit der Eisgranate kann sich der vorne schwer gepanzerte „Pinky“ bewegungsunfähig gemacht werden, um seine Schwachstelle von hinten effektiv bearbeiten zu können. Schwachstellen, genau! In Doom Eternal ist es wichtig, den Feind zu kennen und wie er am besten zu Kleinholz verarbeitet werden kann. So büßt der Mancubus massiv an Feuerkraft ein, entfernt ihr ihm mit gezielten Schüssen seine beiden Armkanonen. Besonders schwierig gestaltet es sich beim schlau agierenden Marauder. Dieser wird nur für den kurzen Moment seines Angriffs verwundbar. Die restliche Zeit wehrt er Projektile jeder Art mit seinem Schild ab. Steht ihr zu nah an ihm dran, pustet er euch mit seiner Schrotflinte über die halbe Karte, steht ihr zu weit weg, kommen seine sehr gezielten und genauso schmerzhaften Fernangriffe zum Einsatz. Kennt den Feind und werft ihm alles entgegen, was ihr habt. Beherrscht ihr den Umgang mit diesen Mechaniken entfaltet sich ein Spielfluss, der euch mitreißen und gänzlich verschlingen wird.

Das Schweizer Taschenmesser des Doom-Slayers: Die Crucible Blade

Doch was ist eigentlich mit der Story? Also, es gibt eine. Und die ist auch gar nicht so übel und bietet einen angenehmen Rahmen für die mehrstündige Gewaltorgie. Ihr könnt sogar kleine Schriften aufsammeln, die euch mit Hintergrundinformationen zu allem Möglichen versorgen. Das alles liest sich nett und erzeugt während des Spielens das Gefühl, ein konkretes Ziel zu verfolgen. Im Nachhinein ist bei uns jedoch nicht allzu viel davon hängengeblieben. Zu sehr waren wir damit beschäftigt, sämtliche Welten mit Dämoneninnereien zu verzieren. Der Doom-Slayer bleibt auch weiterhin ein eher stummer Zeitgenosse, der stattdessen lieber mit brachialen Handlungen überzeugt. Und was für welche. Während Rachegott Kratos mittlerweile zum weichgespülten Familienvater avanciert ist, würde unser Master Chief auf Anabolika für ein paar Rollen Klopapier mit einem Panzer geradewegs durch sämtliche Wohnhäuser zum nächsten Supermarkt brettern – einfach, weil es der schnellste Weg wäre.

Fazit:
Nein, Doom Eternal ist kein leichtes Spiel. Immer wieder lässt es euch Dämonensch**** fressen, ist dabei jedoch zu keinem Zeitpunkt unfair. Wenn ihr sterbt, war es euer eigener Fehler. Wenn ihr jedoch lernt, erlebt ihr das berauschende Gefühl einer virtuellen Raserei, die nahezu perfekt ist. Der grandiose Soundtrack mitsamt diabolischer Riffs und pumpender Beats klingt fett und treibt euch immer weiter in den Schlund der Hölle. Jeder, der auch nur annähernd mit dem Gedanken an einen solchen Höllentrip spielt, sollte sich ernsthaft überlegen, diesen Ritt auf der Bestie zu wagen. Die Jungs und Mädels von id Software zeigen dem aktuellen Shooter-Genre den Mittelfinger und lassen euch im Flammen-Tsunami surfen…wenn ihr euch traut.

Dreams

Trommelwirbel! Am 14. Februar 2020 verlässt Dreams den zehnmonatigen Early Access und steht als Full-Release für willige PS4-Spieler zur Verfügung. In den nächsten Zeilen schildere ich meine Erfahrungen mit dem Sandbox-Spiel und verrate, ob der Titel für euch interessant sein könnte. Doch fangen wir ganz am Anfang an: Was ist Dreams überhaupt?

Der Titel von Media Molecule, die unter anderem auch für Little Big Planet verantwortlich sind, teilt sich in zwei Aspekte auf. Nach einem kleinen Tutorial, welches euch mit der Steuerung vertraut macht, steht ihr vor der wichtigsten Entscheidung im Hauptmenü. Wollt ihr euch kreativ austoben und selbst neue Spielwelten erschaffen oder einfach auf vorgefertigte Level des Herstellers und der Community zugreifen? Natürlich lebt ein solches Spiel von der Beteiligung der Community, eben auf von Spielern generierten Content. Mit Schweißperlen auf der Stirn fühle ich mich wieder wie bei Little Big Planet. Dort bin ich in der Vergangenheit zu mindestens neunzig Prozent der Zeit in die Consumer-Rolle geschlüpft. Spätestens wenn ich die herausragenden Kreationen wie den funktionierenden Taschenrechner auf YouTube gesehen habe, war ich voller Demut ob der Möglichkeiten, die einem hier geboten wurden.

Doch dieses Mal wollte ich es wagen und auch selbst basteln. Also ab in den Creator Mode! Stück für Stück öffnet sich Dreams immer weiter, einfache und komplexe Mechaniken werden im wahrsten Sinne spielend ergänzt und drängen sich nicht auf. Nach kurzer Zeit fängt man an, Level zu konstruieren – das alles in 3D. Mein Endergebnis löst noch keine Begeisterungsstürme aus, aber ich werde auf jeden Fall am Ball bleiben und an weiteren Levels basteln. Am Anfang ist es sehr ungewohnt, mit dem Bewegungssensor des PS4 Dualshock Controller zu arbeiten, aber mit der Zeit kommt die Ruhe und die Genauigkeit hinzu und wir steuern unseren Imp zielgenau über den Bildschirm.

https://psmedia.playstation.com/is/image/psmedia/dreams-screen-14-ps4-eu-16jun15?$MediaCarousel_Original$

Also jetzt ab in die spielbaren Level. Media Molecule hat eine Handvoll fertiger Experiences integriert. Besonders hervorheben möchte ich an der Stelle „Arts Traum“. Von Point & Click bis hin zu 3D Jump’n’Run Elementen wird hier mehr als nur ein Eindruck vermittelt, was alles gebastelt werden kann. Ich war teilweise überrascht wie sehr Dreams im grafischen Bereich die Muskeln spielen lässt. Mitunter erfreut man sich an großartigen Lichteffekten und schönen Animationen. Das absolute Highlight von Dreams ist natürlich der nicht versiegende Quell an neuem Content. Momentan sind die „Spiele“ mit den meisten Upvotes primär nachgebaute Szenarios. Ein kleiner Teaser für ein Tomb Raider Level? Eine Fallout 4 Demo? P.T. nachgebaut? Dreams got you covered.

Wie immer ist die besondere Schwierigkeit, in dieser Fülle von Content die Perlen zu finden. Das Voting System und die Trends helfen dabei ungemein. Die Art und Weise, wie kreative Köpfe sich hier ausleben können, wird in den nächsten Jahren noch häufig für staunende Gesichter und offene Münder sorgen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass zukünftige Bewerbungen für Entwickler komplett in Dreams entstehen können. Visitenkarte 4.0 in the making.

Fazit:
Final kann ich sagen, dass mich das spielbare Tool Dreams komplett überzeugt hat. Aufgrund der Benutzerfreundlichkeit kann ich mir vorstellen, dass der Consumer- vs. Creator-Anteil sich dieses Mal besser verteilt als bei Little Big Planet 3 in der Vergangenheit. In den nächsten Monaten wird es eine wahnsinnige Anzahl an kreativem Output geben, welchem ich sehr entgegenfiebere. Wir wünschen viel Vergnügen beim Träumen.

Ori and the Will of the Wisps

Wir hatten eine zauberhafte Zeit mit unserem Lieblings-Waldgeist in Ori and the Will of the Wisps. Rein zufällig liefen die Mikrofone, während wir uns mit Miggi von Three Two Play / Dein Ernst über das Erlebte ausgetauscht haben. Dabei ist dieser nur drinnen hörbare Podcast entstanden. Viel Spaß mit der neuen Folge Darf ich vorstellen.